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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 08.01.2008
Aktenzeichen: 6 U 49/07
Rechtsgebiete: SGB V, ZPO
Vorschriften:
SGB V § 9 | |
SGB V § 9 Abs. 1 Nr. 1 | |
SGB V § 9 Abs. 1 Nr. 2 | |
SGB V § 9 Abs. 2 | |
SGB V § 9 Abs. 2 Nr. 2 | |
SGB V § 10 | |
SGB V § 10 Abs. 1 | |
SGB V § 19 | |
ZPO § 256 | |
ZPO § 511 | |
ZPO § 513 | |
ZPO § 517 | |
ZPO § 519 |
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil
6 U 49/07 Brandenburgisches Oberlandesgericht
Anlage zum Protokoll vom 08.01.2008
Verkündet am 08.01.2008
In dem Rechtsstreit
hat der 6. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch
die Richterin am Oberlandesgericht Eberhard als Vorsitzende sowie den Richter am Oberlandesgericht Kuhlig und die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Schwonke
auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 4. Dezember 2007
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 2. März 2007 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt (Oder) - 11 O 508/05 - abgeändert.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte wegen Verletzung ihrer Pflichten aus dem Betreuungsverhältnis, nämlich Unterlassung der notwendigen Anmeldung zur Krankenkasse, der Klägerin denjenigen Schaden zu ersetzen hat, der dieser durch Inanspruchnahme wegen auszugleichender Zahlungs- und Darlehensansprüche des Landesamtes für Soziales und Versorgung ... im Zusammenhang mit dem Krankenhausaufenthalt der Klägerin vom 23.6.2004 bis 10.2.2005 entstehen wird.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagten wird gestattet, die Zwangsvollstreckung der Klägerin wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.
Gründe:
I.
Die Beklagte war vom 12.03.1998 bis zum 31.08.2002 als Betreuerin der unter einer paranoiden Psychose leidenden Klägerin bestellt.
Die Klägerin hat mit der Klage die Feststellung einer Schadensersatzpflicht der Beklagten wegen Verletzung einer Pflicht aus dem Betreuungsverhältnis begehrt.
Die Ehe der Klägerin ist mit Urteil vom 10.01.2001 rechtskräftig geschieden worden. Bis zu diesem Zeitpunkt war die Klägerin als Familienangehörige über ihren Ehemann bei der gesetzlichen Versicherung krankenversichert.
Im Zeitraum der Betreuung durch die Beklagte ist eine eigene Krankenversicherung für die Klägerin nicht begründet worden.
Nach Aufhebung der Betreuung durch die Beklagte sorgte die Klägerin für sich selbst, bis im Sommer 2004 die jetzige Betreuerin für sie bestellt wurde.
Ferner wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Frankfurt (Oder) vom 08.07.2004 Rechtsanwältin S... zur Verfahrenspflegerin der Klägerin bestellt. Die Bestellung erfolgte mit der Begründung, die Klägerin verweigere ihrer Betreuerin den Zugriff auf Unterlagen, die der sozialen Absicherung dienten. Die Klägerin sei nicht krankenversichert.
Die Klägerin musste sich in der Zeit vom 23.06. bis 10.2.2005 einer stationären psychiatrischen Behandlung im Klinikum F... unterziehen. Die durch die Behandlung insgesamt angefallenen Kosten von 45.503,79 € hat das Landesamt für Soziales und Versorgung zunächst gezahlt.
Dieses teilte der Klägerin mit Schreiben vom 31.01.2005 mit, da die Klägerin über Vermögen, nämlich Grundstücke verfüge, stelle die gewährte Hilfe ein Darlehen dar.
Die Klägerin hat behauptet, sie sei wegen vorhandenen Vermögens gehalten, die vom Landesamt gezahlten Kosten auszugleichen. Sie habe mit dem Landesamt eine Vereinbarung zur Verwertung ihres Grundvermögens schließen müssen.
Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die Beklagte habe schuldhaft ihre Pflichten aus dem Betreuungsverhältnis verletzt, indem sie es unterlassen habe, während bestehendem Betreuungsverhältnis für die Begründung einer Krankenversicherung zugunsten der Klägerin zu sorgen.
Da der Beklagten der Pflichtenkreis "Gesundheitsvorsorge" oblegen habe, hätte sie ohne Rücksicht auf die Wünsche der ohnehin krankheitsuneinsichtigen Klägerin zwingend binnen drei Monaten nach Rechtskraft des Scheidungsurteiles für eine freiwillige Krankenversicherung bei der AOK sorgen müssen. Eine freiwillige Versicherung hätte bei der AOK nach §§ 9 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 2, 10 Abs. 1 SGB V binnen der genannten Frist begründet werden können. Dadurch wären Versicherungsbeiträge von monatlich 195,63 DM (Krankenversicherung) und von 25,39 DM ( Pflegeversicherung) angefallen. Diese Beträge hätte die Klägerin, welche monatlichen Unterhalt von 1000 DM seit der Scheidung beziehe, auch leisten können.
Da die Beklagte diese Frist schuldhaft versäumt habe, habe sie, die Klägerin, die Kosten der stationären Behandlung letztlich selbst zu tragen, wenn und soweit das Landesamt für Soziales und Versorgung ihr Vermögen verwerte.
Diesen ihr möglicherweise entstehenden Schaden habe die Beklagte auszugleichen, wobei die von der Klägerin ersparten Versicherungsbeiträge zu berücksichtigen seien. Der Abschluss einer privaten Krankenversicherung für sie sei zu keinem Zeitpunkt möglich gewesen. Wegen ihrer psychischen Erkrankung wäre sie nicht als Mitglied aufgenommen worden.
Seit 2005 erhalte sie Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts bzw. ALG II, wodurch auch die Krankenversicherung gewährleistet sei.
Die Klägerin hat beantragt,
festzustellen, dass die Beklagte ihr aus der Nichtwahrnahme ihrer beruflichen Verpflichtung als Betreuerin und der in diesem Zusammenhang erforderlichen notwendigen Anmeldung zur Krankenkasse entstehende Schäden wegen auszugleichender Zahlungs- und Darlehensansprüche gegenüber der Sozialstelle zu ersetzen habe.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat ein schuldhaftes Unterlassen in Abrede gestellt.
Sie hat behauptet, nach der Ehescheidung habe ihr die Klägerin mitgeteilt, sie habe selbst einen Antrag auf freiwillige Mitgliedschaft bei der Krankenkasse gestellt. Nach einiger Zeit sei ihr, der Beklagten, aufgefallen, dass keine Beitragsrechnungen der Krankenkasse eingingen. Die Klägerin habe sich sodann geweigert, eine Krankenversicherung abzuschließen und sei auch mit der Fortführung der Betreuung nicht einverstanden gewesen, wie sich aus den gerichtlichen Anhörungsprotokollen ergebe. Wegen dieses Wunsches der Klägerin sei es auch zur Aufhebung der Betreuung im August 2002 gekommen.
Sie, die Beklagte, habe vorher noch mit Schreiben vom 09.07.2002 beim Sozialamt S... den Antrag gestellt, die Klägerin bei der AOK über das Sozialamt zu versichern (Antrag Bl. 89 d.A.).
Nachdem sie erfahren habe, dass die Klägerin nicht die erforderlichen Unterlagen beim Sozialamt abgegeben habe, habe sie dies mit Schreiben vom 30.08.2002 (Bl. 90 d.A.) selbst nachgeholt. Wegen Aufhebung der Betreuung habe sie sich um diese Angelegenheit nicht weiter kümmern können.
Soweit der Klägerin in 2004 ein Schaden entstanden sei, stehe dieser nicht ursächlich mit den Pflichten aus dem bereits zum 01.09.2002 beendeten Betreuungsverhältnis in Zusammenhang.
Das Landgericht Frankfurt (Oder) hat mit dem am 02.03.2007 verkündeten Urteil die Klage abgewiesen.
Zur Begründung hat es ausgeführt, eine schuldhafte Pflichtverletzung liege nicht vor. Die Beklagte habe alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel ausgeschöpft, um für die Klägerin einen Krankenversicherungsschutz zu erreichen. Nach Aufhebung der Betreuung sei die Klägerin verpflichtet gewesen, selbst für Versicherungsschutz zu sorgen.
Gegen dieses ihr am 07.03.2007 zugestellte Urteil hat die Klägerin die am 4. April 2007 bei Gericht eingegangene Berufung eingelegt und zugleich für die Durchführung der Berufung. um Bewilligung von Prozesskostenhilfe nachgesucht.
Nach Zustellung des die Prozesskostenhilfe bewilligenden Beschlusses am 30. Mai 2007 hat die Klägerin mit dem am 7. Juni 2007 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz um Wiedereinsetzung in die Berufungsbegründungsfrist nachgesucht und zugleich ihre Berufung begründet.
Die Klägerin meint weiterhin, es liege eine Pflichtverletzung der Beklagten vor, da diese es unterlassen habe dafür zu sorgen, dass die Klägerin binnen der Drei- Monatsfrist nach rechtskräftiger Ehescheidung den Antrag auf freiwillige Krankenversicherung bei der AOK stelle.
Bei rechtzeitiger Antragstellung wäre sie, die Klägerin zwingend in die gesetzliche Krankenversicherung aufzunehmen gewesen. Sie habe die Voraussetzungen der §§ 9 Abs. 1 Nr. 2 , 10 SGB V erfüllt.
Diese Pflichtverletzung sei kausal für den später eingetretenen Schaden. Die Beklagte habe wegen Ablauf der Frist des § 9 Abs. 2 SGB V dieses Versäumnis auch nicht mehr nachholen können, so dass der Klägerin die Möglichkeit der Aufnahme in die gesetzliche Krankenversicherung dauerhaft genommen sei. Die Aufhebung der Betreuung habe keinen Einfluss auf die Kausalität.
Die Beklagte habe sich nicht auf Zusagen und Angaben der Klägerin nach der Ehescheidung verlassen dürfen.
Soweit die Klägerin sich dem Abschluss einer Krankenversicherung widersetzt habe mit der Begründung, sie benötige keine Versicherung, da sie nicht krank werde, sei dieser Wille unbeachtlich gewesen. Die Beklagte hätte ein Krankenversicherungsverhältnis auch gegen den Willen der Klägerin begründen müssen. Sofern hierfür ein richterlicher Beschluss erforderlich gewesen wäre, hätte die Beklagte einen entsprechenden Antrag stellen müssen um entgegen den Vorstellungen der Klägerin handeln zu können.
Nach Wiedereinsetzung in die Berufungsbegründungsfrist beantragt die Klägerin nunmehr, in Abänderung des angefochtenen Urteils festzustellen,
dass die Beklagte wegen Verletzung ihrer Pflichten aus dem Betreuungsverhältnis, nämlich Unterlassung der notwendigen Anmeldung zur Krankenkasse, der Klägerin denjenigen Schaden zu ersetzen habe, der dieser durch Inanspruchnahme wegen auszugleichender Zahlungs- und Darlehensansprüche des Landesamtes für Soziales und Versorgung ... im Zusammenhang mit dem Krankenhausaufenthalt der Klägerin vom 23.6.2007 bis 10.2.2005 entstehen werde.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.
Sie vertritt weiter die Ansicht, ihr sei keine Pflichtverletzung zur Last zu legen. Sie habe alle ihr zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zur Erlangung ausreichenden Versicherungsschutzes für die Klägerin ausgeschöpft. Ihre Bemühungen seien ohne Erfolg geblieben, da die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine freiwillige Krankenversicherung, auch abgestellt auf den Zeitpunkt der Rechtskraft der Ehescheidung, nicht vorgelegen hätten. Für die Versicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung nach Ehescheidung sei es erforderlich, dass der weiter zu Versichernde in eigener Person die Vorversicherungszeiten des § 9 I Nr. 1 SGB V erfülle. Diese Voraussetzung liege in der Person der Klägerin nicht vor.
Zudem treffe die Klägerin ein Mitverschulden.
Diese habe sie, die Beklagte, getäuscht, indem sie eigene erfolgreiche Bemühungen um den Krankenversicherungsschutz vorgetäuscht habe.
II.
I. Die Berufung ist zulässig, §§ 511, 513, 517, 519 ZPO.
II. Sie hat auch in der Sache Erfolg.
Die Feststellungsklage ist zulässig und begründet.
1.
Soweit die Klägerin ihren Klageantrag in der Berufung abweichend formuliert hat, handelt es sich lediglich um eine Klarstellung.
Die Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 256 ZPO sind erfüllt.
Bei Verletzung einer Norm zum Schutz des Vermögens fehlt es an einem feststellbaren Rechtsverhältnis dann, wenn und solange der Eintritt irgendeines Schadens noch ungewiss ist. Für die Zulässigkeit der Klage muss eine Vermögensgefährdung, d.h. die Wahrscheinlichkeit eines auf die Verletzungshandlung zurückzuführenden Schadens substantiiert dargetan werden (Zöller/Greger, ZPO, 26. Aufl., § 256 Rn 8 a).
Die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintrittes ist gegeben, soweit die Klägerin Schadensersatz geltend macht betreffend die Kosten ihrer Krankenhausbehandlung vom 23.6.2004 bis 10.2.2005. Das Landesamt für Soziales und Versorgung hatte ihr hierfür nämlich nur Hilfe in Form eines Darlehens angeboten (Schreiben vom 31.1.2005, Bl. 19 d.A.), da die Klägerin über eigenes Vermögen verfüge. Soweit das Grundvermögen der Klägerin verwertbar ist, wird ein Ersatz der Krankenhauskosten durch das Landesamt nicht erfolgen.
2.
Die Feststellungsklage ist begründet, da eine schuldhafte Pflichtverletzung der Beklagten vorliegt, die adäquat kausal zu dem geltend gemachten Schaden geführt hat.
a.
Es liegt eine Verletzung der Betreuerpflichten vor, weil die Beklagte nicht dafür gesorgt hat, dass die zunächst über ihren Ehemann gesetzlich versicherte Klägerin nach der Ehescheidung eine eigenständige Krankenversicherung bei der AOK erhalten hat (§§ 1896, 1833 Abs. 1, 1908 i Abs. 1 S.1, 1901 BGB).
Nach § 1901 Abs. 2 hat der Betreuer die Angelegenheiten des Betreuten so zu besorgen, wie es dessen Wohl entspricht. Zum Wohl des Betreuten gehört auch die Möglichkeit, im Rahmen seiner Fähigkeiten sein Leben nach eigenen Wünschen und Vorstellungen zu gestalten. Der Betreuer hat den Wünschen des Betreuten zu entsprechen, soweit dies dessen Wohl nicht zuwider läuft und dem Betreuer zuzumuten ist.
Das Wohl der Klägerin hätte den Abschluss einer eigenen Krankenversicherung erfordert. Bei Ehescheidung erlischt die nach § 10 SGB V bestehende Familienversicherung. Nach Rechtskraft der Ehescheidung musste die Klägerin eine eigene Versicherung abschließen.
Ihre in diesem Zusammenhang geäußerten gegenteiligen Wünsche sind unbeachtlich. Soweit der Klägerin die erforderliche natürliche Einsichtsfähigkeit gefehlt haben sollte, wofür einiges spricht, kommt es auf die geäußerten Wünsche sowieso nicht an. Soweit sie über die natürliche Einsichtsfähigkeit verfügt haben sollte, kommt es auf ihren Wunsch ebenfalls nicht an, da er ihrem Wohl widerspricht. Mit dem Beitritt zur gesetzlichen Krankenversicherung hätte die Klägerin umfassende Leistungsansprüche in einer unbestimmten Zahl von künftigen Behandlungsfällen erlangt. Das Risiko des Anfalles künftiger Behandlungen war angesichts ihrer bestehenden psychischen Erkrankung hoch.
Die Anmeldung bei der gesetzlichen Krankenkasse fiel in den Aufgabenkreis der Beklagten "Gesundheits- und Vermögensfürsorge".
b.
Es liegt auch Verschulden auf Seiten der Beklagten vor, nämlich Fahrlässigkeit. Der Beklagten waren ihre Pflichten bekannt.
Sie durfte sich nicht auf die Angaben der Klägerin verlassen, diese habe selbst für eine Krankenversicherung nach Ehescheidung gesorgt. Der Beklagten war innerhalb der Drei-Monatsfrist bekannt geworden, dass die Klägerin den Abschluss einer Krankenversicherung ablehnte. Dies ergibt sich aus dem gerichtlichen Anhörungsprotokoll vom 13.3.2001 (Bl. 54 d.A.).
Angesichts des Krankheitsbildes und der Uneinsichtigkeit der Klägerin hätte die Beklagte diese Angaben der Klägerin nachprüfen und dann selbst für den rechtzeitigen Beitritt sorgen müssen (BSG, NJW 2002, 2413).
c.
Der der Klägerin drohende Schaden bei Verwertung ihres Grundvermögens steht in adäquat kausalem Zusammenhang mit der Pflichtverletzung.
Entgegen der Ansicht des Landgerichts kommt es nicht darauf an, dass der Schaden nach dem Ende des Betreuungsverhältnisses mit der Beklagten eingetreten ist. Maßgeblich ist, dass die Pflichtverletzung während laufendem Betreuungsverhältnis begangen worden ist und diese Verletzung adäquat kausal geeignet war, den drohenden Schaden herbeizuführen.
Unerheblich in diesem Zusammenhang ist, dass bzw. ob die Klägerin nach dem Ende des Betreuungsverhältnisses sich anderweitig hätte versichern können. Eine solche Versicherung wäre nicht zu gleichen Bedingungen abzuschließen gewesen wie diejenige nach § 9 SGB V.
Dabei kommt ernsthaft nur die Möglichkeit der Krankenversicherung über das Sozialamt in Betracht. In eine private Krankenversicherung wäre die Klägerin nach ihrem substantiierten Vortrag, dem die Beklagte nicht hinreichend entgegen getreten ist, wegen ihrer Erkrankung nicht aufgenommen worden. Im Gegensatz zur gesetzlichen Krankenversicherung unter Vorliegen der Bedingungen der §§ 9, 19 SGB V war eine private Krankenversicherung nicht zur Aufnahme der Klägerin verpflichtet.
Es kommt auch nicht darauf an, dass die Beklagte vor dem Ende des Betreuungsverhältnisses einen Antrag beim Sozialamt gestellt hat, um eine Krankenversicherung der Klägerin herbeizuführen. Bei einer Krankenversicherung über das Sozialamt, also bei Bezug von Sozialhilfe /ALG II, findet im Gegensatz zur Versicherung bei der gesetzlichen Kasse das Vermögen der Klägerin Berücksichtigung.
Bei pflichtgemäßer, insbesondere rechtzeitiger Antragstellung bis spätestens 10.4.2001 bei der AOK wäre die Klägerin als Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung aufgenommen worden, §§ 10, 9 Abs. 1 Nr. 2 SGB V.
Nach § 9 I Nr. 2 SGB V ist nach Ausscheiden aus der Familienversicherung ein Beitrittsrecht zur gesetzlichen Krankenversicherung gegeben.
Danach können Personen, deren Familienversicherung nach § 10 SGB V erloschen ist, der Versicherung beitreten, wenn sie oder das Stammmitglied, aus dessen Versicherung die Familienversicherung abgeleitet worden ist, die in § 9 Abs. 1 Nr. 1 genannten Vorversicherungszeiten erfüllen.
Nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 SGB V betragen die Vorversicherungszeiten mindestens 24 Monate in den letzten 5 Jahren vor dem Ausscheiden bzw. ununterbrochen mindestens 12 Monate unmittelbar vor dem Ausscheiden.
Dabei genügt es alternativ, dass entweder das vormals mitversicherte Familienmitglied (die Klägerin) die Vorversicherungszeiten - unter Einbeziehung der Zeiten einer Familienversicherung nach § 10 SGB V erfüllt - oder aber der Stammversicherte (der Ehemann) die Vorversicherungszeit erfüllte (Kasseler Komm., Loseblatt Stand 2007, § 9 SGB V, Rn 24; Krauskopf, Soziale KV, Loseblatt Stand 2007, § 9 SGB V, Rn 11).
Die Vorversicherungszeiten erfüllte die seit 1. 7. 1993 verheiratete Klägerin unter Heranziehung der Zeiten der Familienversicherung.
c.
Ein Mitverschulden der Klägerin (§ 254 BGB) ist nicht zu berücksichtigen. Es ergibt sich aus dem Anhörungsprotokoll des Betreuungsrichter vom 13.3.2001 (Bl. 11 d.A.) sowie dem Beschluss vom 14.3.2001 (Bl. 14 d.A.), dass die Klägerin krankheitsuneinsichtig war und die Notwendigkeit einer Krankenversicherung in Abrede stellte. Dies ist auf ihre paranoide Psychose - den Grund ihrer Betreuung - zurückzuführen.
Es kann kein Mitverschulden aus denjenigen Gründen resultieren, aus denen die Klägerin unter Betreuung gestellt worden ist.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind.
Ende der Entscheidung
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